Saudade

 

I

Eine Feier scheinen die Wolken die vom Atlantik her          aufziehen
Dunklen Verheißungen gleich hängen sie vor der Stadt
Menschen starren hypnotisiert vom Entgegensehen

Die Fahrer der Straßenbahnwaggons warten vor
einer Bogenhalle im Schatten der Ponte auf
eine Zukunft in der das Vergangene wertvoll sein wird

und die Kraft der Wellen berichtet kontinuierlich von
der Unwägbarkeit der Ferne Ferne Meere Fernes
Land Bann der Erwartung der Heimkehr ihrer Entdecker

 

II

Eingefasst im Kalkstein und Basalt
der Straßen liegen gespannt die Kontraste
Nationalstolz und dessen Stiftung

Doch das Mosaik ist verwaschen unleserlich
Das Stocken orientierungsloser Schritte
auf dem Rossio taumelt zwischen sieben Hügeln über

in den Takt der die Häuser auseinandertreibt
Noch in Ferne hallt die Verbitterung unwiederbringlich
unwiederbringlich Wellen glitzern unverhohlen

 

III

Ein Marktplatz in der Alfama Gehandelt werden
Abziehbilder unabsetzbarer Schwere Mosaike wieder
Weine der Kompass der falsch ausgerichtet ist

Tassen und Teller lassen sich über Tresen schieben
Doch der Kaffee wird nur mehr kalt gebrüht
Kostbarkeiten sind das Leuchten der Erzählungen

Und sie starren erwarten das Verblassen des Gemäldes
das bald jemand gemalt haben wird Was zeigt es fragen wir
Einen Hafen vielleicht Die Tore Europas vielleicht

 

 

 

© Marcel Knöchelmann. Aus der Gedichtsammlung:

Abseitiges Tosen. Gedichte aus den Jahren 2021-2022.

 

Gedichte